Aufstrich – Spiele

18.00


Spiele [nff 2328]

non food factory, 2010
Spielzeit: 49:14

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1. Vorspiel
2. Hohenflug-Marsch
3. Tunier-Polka
4. Schottisch
5. Manchmal in da fruah
6. Jodelmanie zu 5 Stimmen
7. Polka Francaise über 3 Oktaven
8. Zwischenspiel
9. Vickerl
10. Mondscheinigkeit
11. El antifaz
12. Caprichosa
13. Kugelformiger Walzer
14. Egon
15. Landler aus Joitendorf
16. Attalerie
17. Amari szi
18. Nachspiel
19. Nachwort

Rezension

Thomas Nickel, 2011:
 Hemmungslose Spielfreude
„Aufstrich hören ‚ das heißt: die Mühsal des Alltags für eine Weile vergessen, neue Lebensenergie schöpfen und es sich einfach gut gehen lassen. Die Musik dieser jungen österreichischen Gruppe hat etwas Besonderes an sich, etwas Elektrisierendes. Eine der Besonderheiten ist das Saxophon, das dem Sound des Streichensembles einen feinen Hauch von Salonmusik hinzufügt, das sich aber auch wundervoll zurücknehmen kann, als wäre es eine zweite Bratsche. Das Elektrisierende ‚ vielleicht kommt das von den vielen überraschenden Details im Arragement, dem leisen musikalischen Humor eines pointierten Trillers oder einer betont angeschliffenen Note, sicher aber auch von der Akuratesse im Bogenstrich.Julia Lacherstorfer, die in der Regel die Stimmen der Instrumente und Sänger schreibt, verfügt über ein breites Repertoir an musikalischen Stilmitteln, die sie sparsam und gezielt einsetzt, um diesen besonderen, raffinierten Klang zu erzeugen. Sie komponiert auch, zum Beispiel die ‚Jodelmanie zu 5 Stimmen‘. Eigentlich ist das moderne Musik mit komplexen Akkorden, aber eben im Format eines Jodlers, spannend in jeder Note, und verblüffend süffig. Oder die ‚Polka francaise‘ mit swingendem Off-beat, witzig verschmierten Tönen, einem rhythmisch mitreißenden Anfangsmotiv und einem typischen Lacherstorfer-Schluss mit harmonischer Überraschung.Aufstrich spielt richtig gute, fetzige Volksmusik, schaut dabei auch mal nach Osteuropa (‚Amari Szi‘) und schwelgt hin und wieder gern in Schlagerkitsch, der aber so feinsinnig gesetzt ist, dass er zu einem entzückenden Stück Kammermusik wird (‚Egon‘). Die Musik von Aufstrich ist nicht einfach Kollage oder Fusion, sondern in ihr finden Stilelemente der einen Musikrichtung Eingang in die andere, interpretiert sie dadurch tiefer und präsentiert sie überraschender. So ist wohl den meisten der ‚Kugelförmige Walzer‘ bekannt, aber eben nicht so, wie ihn Aufstrich spielt. Der ‚Ländler aus Joitendorf‘ wirkt besinnlich und feinsinnig in seinem glasklaren Klang. ‚Attalerie‘ ist eine schwungvolle Polka, die plötzlich in ein ganz anderes Lied umgedeutet wird und im jazzigen Sieben-Neuner-Akkord endet. Die akademische Raffinesse der Arragements dient nur dem einen Zweck: Musik zu schaffen, die unmittelbar in den Bauch geht, schöne Gefühle erzeugt und den Hörer immer wieder schmunzeln lässt.Am Ende fühlt man sich an die LP ‚Abbey Road‘ von den Beatles erinnert, wenn auch auf SPIELE nach einer schier endlosen Pause (64 Sekunden!) unerwartet ein Nachspiel ertönt. Hier geben sich die fünf jungen Musiker ausschließlich dem Spaß hin, und ihre hohe Professionalität macht den Schmäh erst perfekt. Irgendwo in diesen langen Schmalzfetzen hinein verirrt sich ein Jodler, irgendwie glaubt man Karel Gott zu vernehmen, irgendwann brummelt ein Wazoo selbstvergessen die Melodie mit. Unverhohlender Kitsch. Und grade deshalb so gut.“

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